Interview mit Felix Blum von Wallbe

Interview mit Felix Blum, Chief of Back-End and Payment Solution bei Wallbe. Felix gilt als Paymentexperte, der während seiner bisherigen Karrierestationen bereits einige Trends im bargeldlosen Bezahlen mitbegleitet hat.

Für ihn ist EV-Charging – und nicht nur bedingt durch seinen heutigen Arbeitgeber Wallbe – der wichtigste und anhaltendste Trend der kommenden Jahre, sowohl für den Endverbraucher als auch im öffentlichen Leben.

1) Felix, du begleitest bei Wallbe aktiv die Paymententwicklung für eMobilität und hast dich auch privat immer wieder mit dem Thema beschäftigt. Wo siehst du heute die Zukunft des Payment im Bereich EV-Charging?

Diese Zukunft stellt sich mir sozusagen „zweigleisig“ dar. Schiene Eins betrifft den hauptsächlich privaten Fahrer: Die Bezahlung erfolgt entweder direkt per Karte an der Ladesäule oder über eine App als eCommerce Transaktion.

Schiene Zwei wendet sich an Flotten und Fuhrparks: Hier werden sich Flottenkarten etablieren, in meinen Augen allerdings nicht auf Kartenbasis, sondern über Apps.

Ein dritter Strang – der aber noch in weiterer Zukunft liegt – kommt von den Automobilherstellern selbst. Diese schaffen aktuell die technischen Voraussetzungen, dass das Auto selbst den Nutzer identifiziert. Tesla hat an seinen eigenen Ladesäulen bereits eine sehr gut funktionierende Lösung geschaffen, die Identifikation erfolgt rein durch das Fahrzeug ohne weitere Hilfsmittel.

2) Die Kommunikation der Ladesäule mit dem e-Fahrzeug bringt uns zur ISO15118. Was bedeutet dieser Standard für Wallbe?

Die Umsetzung der neuen ISO ist uns sehr wichtig, sie bedeutet einen sehr großen Schritt in Richtung „Plug & Charge“, insbesondere auf internationalem Level.

3) Welche Bezahlmethoden präferieren aktuell die Wallbe-Kunden?

Dieser Bereich ist sehr zielgruppenspezifisch zu sehen. Bei öffentlichen Ladestationen, wie z.B. bei Hotels oder über Parkraumbewirtschafter, ist das integrierte Bezahlterminal definitiv eines der wichtigsten Kriterien – auch aufgrund der Girocardakzeptanz in Deutschland (was sich aber auf alle lokalen Karten in europäischen Ländern übertragen lässt).

Halböffentliche Ladestationen, z.B. Firmenparkplätze, benötigen nicht immer ein Paymentterminal und die damit verbundene Kartenakzeptanz, sie nutzen oft die Abrechnungsart via Benutzerkonto oder teilweise direkt über die Gehaltsabrechnung.

4) Welche Vorteile bietet das direkt integrierte Bezahlterminal?

Es gibt den Grundsatz der Barrierefreiheit, was bedeutet, dass alle internationalen und nationalen Karten akzeptiert werden müssen (z.B. die girocard in Deutschland, die bankomat Karte in Italien oder die card bancaire in Frankreich). Dies ist nur mit einem Paymentterminal zu erreichen – und natürlich muss der Anbieter, so wie es bei CCV der Fall ist, die Verarbeitung all dieser Karten garantieren können.

Auf der Betreiberseite der Ladesäulen gilt: Jeder E-Mobilist ist ein potentieller Kunde und soll mit seinem favorisierten Zahlungsmittel auch bezahlen können. Gleichzeitig muss das Terminal auch Manipulationsschutz bieten.

Um das Ganze mit Zahlen zu belegen: Aktuell wird bei 95 % aller Ausschreibungen ein Bezahlterminal verlangt, welches wir durch unsere Partnerschaft mit CCV anbieten können. Dies entspricht auch unserer Grundstrategie: Der e-Mobilist soll mit seinem e-Auto keinen Unterschied zum früheren Tankprozess an Sprittankstellen spüren, sich also im Nutzerverhalten nicht umstellen müssen.

5) Die Preisgestaltung im EV Charging Bereich ist ein immer wieder diskutierter Punkt. Wie siehst du die Entwicklung, auch bei der steuerlichen Gestaltung, in den kommenden Jahren?

Beim Stromtanken gilt eine Preiskennzeichnungspflicht, d.h. der am Anfang des Ladevorgangs angezeigte Preis ist bindend. Über unsere vernetzten Systeme stellen wir sicher, dass dieser Preis an allen Standorten gleich ist. So etwas wie billigertanken.de, wie es bei Sprittankstellen ja sehr gerne genutzt wird, gibt es beim Stromtanken nicht.

Auch eine Mischkalkulation wird es nicht geben, d.h., dass der Preis während des Ladens nicht variieren kann. Rein technisch wäre dies möglich, ist aber organisatorisch nicht abbildbar und wird auch im Mineralölbereich nicht gelebt.

Bei den Steuern wird bereits der normale Mehrwertsteuersatz fällig. Ich bin mir jedoch sicher, dass noch weitere Steuern on Top kommen werden. Die Fördergelder des Staats werden nicht immer bleiben, irgendwann will auch der Staat finanziell etwas davon zurückhaben.

Auch bei der Infrastruktur werden verstaatlichte Bereiche entstehen. Aktuell gibt es viele Forschungsprojekte, die „intellectual property“ des Staats sind.

6) Die EV-Charging Regularien sind von Land zu Land unterschiedlich. Wie gehen Sie mit dieser Herausforderung als internationaler Dienstleister um?

Die Regularien sind in der Tat vielfältig, allerdings haben wir die größte Herausforderung direkt vor der Tür: Das Regelwerk in Deutschland ist definitiv am kompliziertesten. Viele andere Länder orientieren sich an Deutschland, z.B. das Eichrecht betreffend, so haben wir es oft mit Adaptierungen deutscher Standards zu tun.

An anderen Stellen arbeiten wir mit lokalen Partnern zusammen, wie z.B. in Italien. Hier gilt die Regelung, dass die Umsätze der Ladestation direkt ans Finanzamt übermittelt werden müssen. Solche individuellen Schnittstellen realisieren wir mit Partnern und prüfen wir natürlich auch kritisch, was wirtschaftlich tragbar ist.

Indien ist im Übrigen am einfachsten: Der Nutzer betankt, die Leitung schaltet sich via des Schuko-Steckers frei, der Nutzer bezahlt am Kassenhäuschen. Es gibt kein kompliziertes Abrechnungsmodell oder ähnliches – einzig die Anforderung, dass nach 20 Minuten der Strom abgestellt wird. Durch das Fehlen von bürokratischen Strukturen wird sich die Durchdringung von e-Fahrzeugen in Indien sehr viel schneller vollziehen können. Hier ist auch die Regierung aktiv und fördert den Umstieg.

7) Wie sehen die Empfehlungen von Wallbe bezüglich Payment aus?

Wir empfehlen grundsätzlich, bei allen halb – und öffentlichen Ladestationen ein Paymentterminal aufzustellen. Deutschland z.B. gilt als DAS Transitland der EU, hier sind internationale Systeme unerlässlich. Sobald z.B. Niederländer, Briten oder ein Belgier durch Deutschland nach Italien oder Österreich fahren, kann dies für eMobilisten ein manchmal demotivierendes Erlebnis sein und wir müssen hier mit aller Macht an der schon erwähnten Barrierefreiheit für alle Nutzer arbeiten.

Diese Barrierefreiheit sollte sich auch schon bei den Informationsmöglichkeiten bemerkbar machen, z.B. durch Findbarkeit von Ladestationen sowie deren aktuellen Preis über google maps oder direkt über die Auto-Navis. Daneben brauchen wir weiterhin die Akzeptanz von RFID Chips, auch diese sind weit verbreitet.

8) Last but not least – wieso hat sich Wallbe für CCV als Paymentpartner entschieden?

Mit CCV haben wir einen Partner gefunden, der sowohl langjährige Erfahrung mitbringt als auch, ebenso wie wir, einen internationalen Ansatz fährt. Da CCV zudem Marktführer im Outdoorpayment im Bereich Petrol in Deutschland ist, profitieren wir natürlich auch hier von langjährigem Markt-KnowHow. Auch Richtung Zukunft können wir uns auf CCV verlassen, die mit neuen innovativen Produkten, wie z.B. dem CCV IM30, durchdachte Lösungen für zukünftige Anforderungen bieten. Der CCV IM30 setzt auf ein Android-Betriebssystem und kann auch eine PIN-Eingabe gewährleisten. Aktuell müssen wir Ladevorgänge bei 25 € (höhere Beträge benötigen eine PIN-Eingabe auch bei kontaktloser Zahlung) stoppen. Das Thema Android beschäftigt uns insbesondere als Möglichkeit für „One-Device-Only“, sprich die Apps auf dem Terminal werden als Preisanzeiger und mehr genutzt. Personalisierung wird ein immer wichtigeres Thema, auch hier werden Apps eine große Rolle spielen.

Vielen Dank Felix, für deine Zeit und deine Einblicke in die E-Mobility Welt.