Interview: Robert Beer & Günther Froschermeier zum Thema PhonePOS (Teil 1)

Tap-on-Phone Lösungen und „BYOD“ (Bring your own device) gelten auch im Bereich Payment als die neuesten Trends im Sinne der Digitalisierung.
Herr Froschermeier, bitte erklären Sie kurz CCV PhonePOS und die Besonderheiten bzw. Vorteile dieser Lösung

Günther Forschermeier (GF): Wir haben uns gemeinsam mit dem Münchner Fintech Rubean AG sehr früh von der Idee einer Tap-to-Phone Lösung begeistern lassen und haben 2019 begonnen, diese Idee für den deutschen und internationalen Markt zu realisieren. Rubean zeichnet sich in der Partnerschaft für den SmartPhone-spezifischen Sicherheitspart verantwortlich, wir übernahmen die gesamte Entwicklung des Paymentteils der Lösung. Gemeinsam haben wir eine Lösung geschaffen, die erstmalig und unter Berücksichtigung aller Sicherheits- aber auch Komfortmerkmale ein handelsübliches Smartphone in ein Kartenakzeptanzgerät verwandelt – rein durch die Installation der PhonePOS App durch den Händler auf seinem eigenen Gerät. Dies ist ein Meilenstein im Zahlungsverkehr, da bisher ausschließlich spezifische Hardware-Terminals mit entsprechenden Sicherheitskomponenten und Zertifizierungen für Kartenlesegeräte zugelassen waren. Ähnlich der Digitalkamera in Smartphones wird auch diese Innovation einen starken Wandel im Paymentsegment mit sich bringen.

S-Payment und indirekt damit die Sparkassengruppe konnten wir für PhonePOS als ersten großen Kunden gewinnen, die PhonePOS unter dem Namen „Sparkasse POS“ nun auch direkt in den Markt eingeführt haben.

Die Partnerschaft zwischen S-Payment und CCV besteht bereits sehr lange, z.B. wurden Projekte für bargeldloses Bezahlen in Kantinen oder auch Stadien gemeinsam umgesetzt. Bezahlen mit dem Smartphone entspricht nicht dem Standardgeschäft, sondern ist eine strategische und langfristige Entscheidung, verbunden mit Invest.
Herr Beer, wie kam die konkrete Zusammenarbeit zu diesem Projekt zustande?

Robert Beer (RB): Auf Seiten S-Payment haben wir auf Veränderungen im Markt reagiert: Die NFC-Technologie spielt heute eine bedeutende Rolle, sowohl auf Issuing- als auch Acquiring-Seite. Gleichzeitig ändern sich Konsumentenverhalten und der Einsatz von Technologien im Handel. Das Smartphone dominiert unseren Alltag und auch das Handelsumfeld mittlerweile enorm. Standardisierte Hardware inklusive NFC-Technologie, wie sie z.B. über tabletbasierte Kassensysteme eingesetzt wird, gilt als „new normal“. Die Entscheidung für Sparkasse POS - wie wir die Lösung mit eigenem Markennamen versehen haben – war ein Schritt verbunden mit erheblichem Investitionsvolumen und auch Vorleistung. Zum Zeitpunkt der Entscheidung gab es noch kein Zulassungsverfahren! Es musste also sowohl die Technologie geschaffen werden als auch die notwendigen Zulassungsvoraussetzungen.

Das Smartphone dominiert unseren Alltag und auch das Handelsumfeld mittlerweile enorm.

Hier bewies sich das beiderseitige Vertrauen aus der langjährigen Partnerschaft zwischen S-Payment und CCV. Mit Unterstützung der Deutschen Kreditwirtschaft, vertreten durch den Dachverband der Deutschen Sparkassen und dem Giroverband (DSGV), konnten zusammen mit der S-Payment die Rahmenbedingungen geschaffen werden. CCV lieferte die Technologie und gemeinsam legten wir die Grundsteine für diese echte Innovation im Deutschen Paymentmarkt. Im April 2021 konnten wir den Erfolg dieser Symbiose ernten: Die Zulassung der Sparkasse POS/ CCV PhonePOS durch die Deutsche Kreditwirtschaft für die Akzeptanz der Girocard, die einen echten Wettbewerbsvorteil / USP darstellt.

Was hat Sie an einer Tap-to-Phone Lösung wie PhonePOS überzeugt – es gibt ja doch bereits einige Konkurrenzlösungen auf dem Markt?

RB: Für uns war wichtig, dass wir mit unserer neuen Lösung neu denken und neue Zielgruppen erreichen können. Projekte aus dem Standardterminalgeschäft erreichen eine in sich geschlossene Zielgruppe. Mit der Sparkasse POS sprechen wir nun auch die klassischen kleinen und mittelständischen Unternehmer (KMU) an und daneben die Segmente, die noch nicht im Payment zuhause sind, z.B. Marktbeschicker, Vereine oder mobile Eisverkäufer.
Für diese Kunden ist der Einsatz der Girocard eines der Hauptargumente, somit brauchten wir einen Partner, mit dem wir genau diesen USP erreichen können – und mit CCV haben wir die beste Wahl getroffen.

Die Möglichkeit der Kartenakzeptanz muss so flexibel und einfach wie möglich sein – wie wir es von vielen anderen App-Registrierungen kennen.

GF: Digitalisierung ist ein der großen Herausforderungen unserer Zeit, auch die Banken stehen hier unter Zugzwang. Viele Firmenkunden der Sparkasse nutzen bereits das Online Banking.. Dies ist für den sehr einfachen Boardingprozess zur Nutzung der Sparkasse POS App ein entscheidender Vorteil. Die Bedeutung des Wortes „Digitalisierung“ liegt für uns darin, den Händlern die Möglichkeit der Kartenakzeptanz so flexibel und einfach wie möglich zu machen, wie wir es heute von vielen anderen In-App Registrierungen kennen, angefangen beim Musikaccount bis hin zum Onlinebanking.

Sie haben es gerade erwähnt, die Zertifizierung der PhonePOS bzw. der Sparkasse POS für die Girocard durch die Deutsche Kreditwirtschaft ist ein wesentlicher USP.
Wie bewerten Sie diese Zertifizierung, die als „Digitales TOPP“ auch Neuland im Paymentmarkt betreten hat?

GF: Für CCV war es sehr wichtig, bei einem derart neuen Zulassungsgegenstand einen starken Partner wie S-Payment an ihrer Seite zu haben. Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) ist als Organisation und Instanz für Sicherheit im Payment mit Girocard natürlich konservativ und vorsichtig, dementsprechend gut geplant, durchdacht und lückenlos müssen die Spezifikationen sein. Internationale Schemes hatten bereits Pilotprogramme für Tap-to-Phone Lösungen, die DK hatte  in diese Richtung erst wenige Schritte unternommen.
Es gab bereits das „Terminal ohne PIN-Pad“ (TOPP) aus dem Automatenbereich, dieser bereits vorhandene Zertifizierungstyp – den wir bei CCV auch federführend begleitet haben – hat uns eine gute Ausgangsbasis verschafft. Auf der anderen Seite gibt es zudem eine DK-Zertifizierung für ein sogenanntes „verteiltes Terminal“, also ein Terminal, dessen wesentliche Komponenten in der Cloud operieren, wie es auch in der smartphone-basierten Lösung gefordert ist. Nur die absolut notwendigen Komponenten werden auf dem weniger kontrollierbaren Smartphone selbst installiert, der Rest läuft in der Cloud auf sicheren und zertifizierten Server-Umgebungen. Hier hatte CCV mit der acCEPT Lösung bereits eine zigtausendfach installierte und erprobte Lösung bei Großkunden im Einsatz. Diese beiden schon vorhandenen Lösungen und Zertifizierungen waren eine gute Voraussetzung für den späteren Erfolg.

CCV und S-Payment werden auch bei der DK-Zulassung für die PIN-Eingabe erneut als Wegbereiter agieren.

RB: S-Payment hatte sich bereits mit den vorgegebenen Standards beschäftigt, darunter auch die Situation hinsichtlich des 25 € Limits für Kontaktloszahlungen ohne PIN-Eingabe. Bei der Initiative zur Erhöhung dieses Limits auf 50 € war S-Payment maßgeblich beteiligt. Somit waren nicht nur die technischen Bedingungen geschaffen, sondern auch die Nutzbarkeit der Sparkasse POS deutlich erhöht! Der nächste Schritt ist nun natürlich die Umsetzung der PIN-Eingabe auf dem Smartphone-Touch-Screen, was die Lösung für den weiteren Einsatz nochmals stärken wird. Aktuell laufen die Gespräche hierzu in verschiedenen Arbeitskreisen und wir rechnen mit einer Umsetzung im Laufe des Jahres 2022.

GF: Der Zertifizierung für die Girocard mit PIN-Eingabe sehen wir sehr positiv entgegen. Die laufenden Piloterfahrungen werden uns hier sicherlich zugutekommen. Auch heute ist schon über die sogenannten Wallets (digitalisierte Karte in der Smartphone Wallet) die kontaktlose Zahlung ohne PIN-Eingabe über dem 50 € Limit möglich. Smartphones sind durch eigene Sicherheitsmechanismen bereits geschützt (Face ID, Fingerabdruck), sodass Dritte keine Abbuchungen tätigen können. Bei Google Pay und Apple Pay steckt ein Authentifizierungsverfahren dahinter, das Consumer Device Cardholder Verification Method (CDCVM) genannt wird. Entsprechend ist beim Bezahlen über diese Apps keine weitere PIN-Eingabe oder Unterschrift auf dem Akzeptanzgerät erforderlich

RB: Übrigens gibt es auch für die PIN-Eingabe noch keine finalen Spezifikationen, CCV und S-Payment werden auch hier wieder als Wegbereiter agieren!


Lesen Sie HIER Teil 2 des Interviews.